Geschichten vom Burgstollen

Ein älteres Foto vom Burgstollen, zur Verfügung gestellt von Beatrice Lauener
Aus dem Schreiben von Gertrud Juillerat-Eggler, das sie 1988 verfasste:
Es war um 1850, als unser Urgrossvater Melchior Eggler, wohnhaft in der Brunngasse, mit dem Bau des Hauses am Burgstollen begann. Unser Grossvater Melchior Eggler, Sohn des obgenannten, hat sich verheiratet mit Elisabeth geb. Schild, unserer Grossmutter. Beide wohnten zuerst in der Wies. Später zügelten sie auf den Burgstollen.
1890 übernahm der Grossvater laut Teilungsvertrag vom 12. November 1890 das Haus mit Umschwung. Am Gebäude liess er bereits Umbauten ausführen und einen Schopf erstellen. In den folgenden Jahren wurde weiter ausgebaut und verbessert. Zuletzt stand unter der Kirche ein dreistöckiges stattliches Haus mit Terrasse.
Viel hätte unser Haus am Burgstollen zu erzählen, von Freude und Leid.
So beginnt das Schreiben von Gertrud Juillerat-Eggler vom Burgstollen und es folgen detaillierte Angaben, wer wann im Burgstollen lebte oder seine Ferien dort verbrachte. Das Dokument wurde der Brienzer Dorfgeschichte von der Enkelin, Beatrice Lauener, aus Mühlethurnen zur Verfügung gestellt. Wir haben es abgetippt und in unserem Archiv abgelegt. Beatrice Lauener berichtet in ihrem Mail: "Mis Grosi ischd Gertrud Juillerat-Eggler vom Burgstollen, u mier hein all iser Ferien dert verbracht u dir das bini o mit Brienz verbunden. Der Grossätti, Paul Juillerat hani leider nid bchennd, där ischd frieh gschtorben. Äs sägen aber all, mier zwei hättes gued midenand chennen. Musigen u Billiarden sind gemeinsami Hobbys. Si heigen alben bin offnem Pfeischter gmusiged u d Liit hein vom Troittoir här zueglosd. Är hed Klavier gschpilld bir Kapälla. I han eis eini von denen Schellack-Platti lan digitalisieren." Es sind zwei Musikstücke "Auf dem Brienzerrothorn" und "Bei den Giessbachfällen", die wir hier gerne veröffentlichen. Grossvater Paul Juillerat war zudem Organist in Brienz und er habe auch die schöne Mistinguett (Künstlername von Jeanne Florentine Bourgeois), eine französische Sängerin bei ihren Auftritten im Kursaal Interlaken begleitet.

Kapelle Brienzerburli 1938, am Klavier Paul Juillerat.
Tonaufnahmen der Ländlerkapelle Eggler mit Paul Juillerat mit dem Stück: Auf dem Brienzerrothorn
Tonaufnahmen der Ländlerkapelle Eggler mit Paul Juillerat mit dem Stück: Bei den Giessbachfällen

Foto vlnr.: Gertrud Juillerat-Eggler hat unter anderem beim Notariatsbüro Richard Eggler und im Altersheim gearbeitet. Sie sitzt im Garten vor dem Haus mit Mathilde Mätzener-Eggler und Elisabeth Eggler. Die Frauen sind am Holderbeeren abzupfen.
Gertrud Juillerat-Eggler schreibt weiter:
Vor allem ist noch zu erwähnen, dass unser Grossvater Melchior Eggler während 40 Jahren (bis 1922) Gemeindeschreiber von Brienz war. Der westliche Raum neben der Haustüre diente als Bureau. Was er in dieser Zeit für die Gemeinde geleistet hat, ist enorm. Seine Weitsichtigkeit war Brienz ein grosser Nutzen, am Quaibau war er sehr engagiert. Der Aushub des Tunnels der Brünigbahn wurde dazu verwendet.
Wir wissen auch von seinem speditiven Wesen. Die Protokolle der Gemeinde wurden von ihm an den Sitzungen und Versammlungen spontan niedergeschrieben und am Tag danach konnte der Gemeindepräsident die nötige Korrespondenz unterzeichnen. Für seine Sparsamkeit zu Gunsten der Gemeinde zeugen noch heute Couverts, die er aus alten Formularen angefertigt hat. Als Dank für seine wertvollen Dienste erhielt er von der Gemeinde Brienz eine goldene Uhr mit Widmung und eine prächtige Urkunde. Die Uhr befindet sich im Besitz seines ältesten Grosssohnes Albert und die Urkunde ist am Burgstollen.
Im ehemaligen Bureau seines Grossvaters hielt Albert von 1957 an während rund 12 Jahren Sprechstunden als Fürsprecher mit seiner oberländischen Kundschaft ab. Vorgängig diente das Bureau viele Jahre -bis 1957- Paul Juillerat als Uhrmacheratelier. Viel hat sich geändert im Wandel der Jahre seit das Haus erbaut worden ist.
So lange mir vergönnt ist, meinen Lebensabend am Burgstollen zu verbringen, wird meine Haustüre immer offen bleiben für meine Familie und meine weiteren Angehörigen.
Brienz, Burgstollen im Januar 1988
Trudi
Nachtrag, Erinnerungen an den Grossätti
Grossätti musste zur Erholung nach Lugano. Mein grosser Wunsch war schon immer ein Zwergenhaus und ein Rehböckli. Der Grossätti versprach nun, im Lugano Ausschau zu halten und mir, wenn möglich, das Gewünschte nach Hause zu bringen. Aber alle Bemühungen waren umsonst. Die Zwerglein sagten: «nix verkauf», «nix verkauf». Dafür kam der Grossätti wieder gesund nach Hause!
Als ich einmal ein Huttli bekam, ging ich damit ins Bureau zum Grossätti, mit der Bitte, er möge doch auch ein Huttli holen. Natürlich machte das der Grossätti. Beide setzten wir nun die Huttli auf den Rücken, liessen uns am Pult nieder und schrieben dabei eifrig, trotz der lächelnden Kundschaft!
Einmal bekam ich einen Regenschirm geschenkt. Ich wartete sehnsüchtig auf Regen, doch dieser wollte und wollte nicht kommen. Da nahm der Grossätti eine grosse Spritzkanne und spritzte das ersehnte Nass aus einem Fenster im II. Stock auf den über mir aufgespannten Regenschirm. Ich war zufrieden und Vorübergehende hatten ihr Ergötzen.
Grossätti wollte mich schwimmen lernen. Er nahm eine lange «Stichelen», befestigte ein Seil daran, das er um mich band. Ich fühlte mich wie ein Fisch an einen Fischerrute. Er stellt sich vor der Strasse ans Geländer und festgehalten von den kräftigen Armen des Grossätti, konnte ich meine Schwimmübungen im See sicher vollziehen.
Als ich ins Welschland musste, war das sehr traurig. Das erste Mal ging der Papa mit mir. Nach den Sommerferien war der Abschied noch fast schlimmer. Der Grossätti begleitete mich nach Neuenburg und hat mir dort die Koffer ausgepackt und die Kleider versorgt.
Trudi, Januar 1988

Meine Grosseltern Hans (Mühlibach Hansli) und Gritli Eggler
Lotti Schaller (Jg. 1948) hat einige schöne Erinnerungen an die Ferien bei ihren Grosseltern in Brienz notiert.

Auswandern
Für das Thema Auswandern scheinen unsere «Träpplig Suecher» fast zu jung. Trotzdem wussten Peter Fischer-Rahm, Trudi Steiner und Vreni Fischer-Fuchs einiges zu erzählen und Fränzi Feusi und Rose-Marie Flück hörten gespannt zu. Zudem konnte Silvia Thöni-Fischer als Burgerschreiberin von ihren Erfahrungen berichten, wenn sich Nachkommen von Auswanderern nach ihren Vorfahren bei ihr erkundigten.

Hüterbubengeschichten von der Planalp
Im Dezember 2023 hat Peter Schild seine Erinnerungen an die Hüterbubenzeit auf der Planalp und an Obristen aufgeschrieben. Entstanden ist ein Bericht mit vielen Eindrücken über das Leben auf der Alp als Hüterbube. Die Zeit in der Natur mit den Tieren war eine Schule fürs Leben.

Sie waren die Letzten ihrer Art
In den späten 1940er-Jahren hüteten Hanspeter Flück und seine Schulfreunde rund 40 Ziegen fürs ganze Dorf. Ein Bericht von Hans Heimann, erschienen im Schweizer Bauer am 24. Mai 2025.

Wie eine Linie der Familie Flück zum Übernamen «Bitzer» kam
Es ist ja allgemein bekannt, dass der Familienname Flück in Brienz so häufig ist, dass es mindestens 16 Übernamen gibt, damit man die einzelnen Linien unterscheiden kann. Thomas Dietrich ging auf Spurensuche, nach dem Ursprung des Übernamens «Bitzer».

Wie eine Linie der Familie Wyss zum Übernamen «Cäsarler» kam
Dass in Brienz Mitte des 19. Jahrhunderts ein Kind auf den Namen Cäsar getauft wird, ist eigentlich undenkbar. Aber genau das geschieht 1851, als die 22-jährige Elisabeth Flück einen Sohn zur Welt bringt. Thomas Dietrich hat verschiedene Recherchen zum Übernamen «Cäsarler» unternommen und die Erkenntnisse zu einem Dokument zusammengestellt.

Schafmarkt in der Alpgasse bei der Chirsimatten-Schiir
Fotobeschrieb und Erinnerungen von Peter Fischer-Rahm, Oberdorf. Neu mit Video!