«Chalbschopf, Fisel und Rääben» - Teil Nr. 1

Beim Träpplig-Treffen zum Thema «Alte Rezepte und Ernährung» kam eine Unmenge an Wissen zusammen, darum gibt es von diesem Nachmittag gleich drei Berichte. Am Treffen haben teilgenommen: Heidi von Bergen, Peter Fischer und Hanspeter Flück. Leitung: Elisabeth Schild und Marianne Imfeld (Notizen)

Garten / Gemüse / Obst
Heidi von Bergen hat sich gut vorbereitet und erzählt, dass sie einen Garten bewirtschafteten und Kartoffel und Gemüse angepflanzt wurde. Obstbäume besass die Familie Wyler wenige. Im Hostettli stand ein Zwetschgenbaum, am Haus ein Pflaumenbaum und auf der Mauer ein Apfelbaum der Sorte «Berner Rosen».
Im Herbst fuhr der Talgietler mit dem Traktor vor, der Anhänger gefüllt mit Harassen voller Äpfel, von frühen bis zu späteren Sorten, und lud bei ihnen davon 2-3 Stück Kisten zum Verkauf ab. Im Keller wurden diese sorgfältig auf die «Epfelhurdi» zur Lagerung auf mehrere Schubladen verteilt. Während des ganzen Winters konnte so davon, in der Reihenfolge des Frischegrades, geholt werden. Bei der Familie Wyler gab es praktisch immer gekochte Äpfel, ab und zu wurden diese aber auch frisch gegessen.
Der Ertrag aus dem Garten bestimmte auch das Menü, welches auf den Tisch gebracht wurde. «Chifel» war eines der früheren Gemüse welches geerntet wurde, gefolgt von Zuckererbsen, Rüebli, Lauch und Blumenkohl. Alles wurde vorwiegend frisch zubereitet, oder konserviert. D.h. «Fisel» (Bohnen), Äpfel und Birnen wurden gedörrt, Früchte heiss eingefüllt oder sterilisiert. Dazu wurden «Helvetia» (Klarglas) oder die grünen «Bülacher» Einmachgläser verwendet. Zum Sterilisieren durfte von Vreni Zobrist ein Sterilisierhafen ausgeliehen werden.
Eine weitere Variante zum Haltbarmachen von «Rääben» (Herbstrüben) wurden mit dem «Räbhächle» zerkleinert. Und für den Kabis konnte ein Chabishobel bei Familie Zysset im Kienholz für einen kleines Entgelt geliehen werden.
Wyler’s waren auch im Besitz von Hühnern und somit von Eiern. Daraus resultierte auch mal ein Suppenhuhn. Wenn sich mal Eier in rohen Mengen ansammelten, dann wurden diese in einen Steingut- oder Milchhafen geschichtet und zur Haltbarkeit mit Salzwasser bedeckt. Das Salz kristallisierte sich zu einem Deckel und so waren die Eier sehr lange haltbar.

Lattich und Rosenkohl (Chabiswärzi) kannten Heidi, Peter und Hanspeter bereits während ihrer Kindheit. Zucchetti kamen erst später dazu. Hinter Schneiders Buddiig wurde durch Emmi Laternser früher Kürbisse gepflanzt und daraus Kuchen gebacken, wovon Familie Flück auch in den Genuss kommen sollte. Doch dieser kam bei der Familie nicht gut an. Emmi Laternser war damals wohl die einzige Frau, welche dieses Gemüse angepflanzt hat. Schätzungsweise in den 60er Jahre wurde der bis dahin unbekannte Fenchel angepflanzt.

Peter Fischer hat dieses Jahr eine butterzarte Kohrabi von 6.5 kg aus dem Garten geholt. Diese liebt Sonne und genug Wasser.

Kühlung / Dörren
Hanspeter lief als Bueb ab und zu morgens mit der Hutte an den Underwang wo sie wenige Obstbäume besassen, und las die Früchte am Boden zusammen. Während dessen feuerte die Mutter zu Hause den Ofen ein, dann wurden die Früchte in den Ofen gelegt und nach zwei Tagen wurde dieser wieder geöffnet. Wichtig waren die Züge am Ofen, um die Hitze und den Dampf zu regulieren. Auch Peter Fischer erinnert sich, dass er während der Schulzeit oft an den Underwang lief, um Obst zu sammeln. Hatte man im Dörrofen gerade keinen Platz, wurden sie am Underwang in der Scheune ausgelegt und zwischengelagert.

Auf dem Dörrofen lagen Ringgenberg-Platten (Steinplatten) als «Abddeeri», um das Obst vollends trocknen zu lassen.
Auch hinter Peters Zuhause in der Hoschtad, befand sich ein Dörrofen, daneben ein Chessi, um «Soufuetter ds gsoden» (Schweinefutter sieden). «Dort wird früher ein Hof gestanden haben, da der Dörrofen von ungefähr 1500 J.n.Chr. stammt», weiss Peter zu berichten. In den 20er Jahren standen die Sauställe unterhalb der Küche, da die Schweine gerne warm haben. Auch bei Hanspeter zu Hause befand sich der Geissenstall unterhalb der Küche.
Der Glaser wohnte im Haus, wo heute die Geigenbauschule steht und dahinter befand sich eine Hoschtad, wo ein grosser Birnbaum stand. Der Glaser fragte die Mutter von Hanspeter, Rosa Flück, ob sie seine Birnen für ihn dörren würde. Dies wollte Rosa Flück übernehmen, mit der Abmachung, dies «ds’Halbem» (1 Hälfte Glaser / 1 Hälfte Flück) zu machen. Nachdem sie die gedörrten Birnen auf die «Abddeeri» legte, erschien der Glaser an einem Sonntag und packte gleich alles ein und war nicht bereit zu teilen. So blieb es bei diesem ersten, einzigen und letzten Mal, dass Rosa Flück für den Glaser Obst gedörrt hat.

Zur Lagerung von Gemüse wurde im Garten ein Loch gegraben, auf eine Schicht Laub (mit Vorteil Nussbaumlaub, da dieses weniger anfällig für Mäuse war) wurde das Gemüse gelegt, wieder mit Laub und Erde zugedeckt und die letzte Schicht bestand aus Holzlatten. Auch unter dem Schnee diente diese Methode als gute Kühlmöglichkeit, und es konnte durch den Winter hindurch, immer wieder Gemüse aus dieser Grube geholt werden. Schliesslich war man noch nicht im Besitz eines Kühlschrankes.

Später wurden in der «Schiir» (heute Landi) unter dem Fluhberg Kühlfächer angeboten. Peter Fischer vermutet, dass diese anfangs der 50er Jahre in Betrieb genommen wurden. Er erinnert sich an die Zeiten der Landwirtschaftlichen Schule als in diesen Räumen noch eine Käserei war. Als die Schule 1952 auf den Hondrich verlegt wurde, wurde dieser Raum zu einem Kühlraum umgenutzt.
Hanspeter erinnert sich, dass er samstags oft noch «id Chiehli» musste, damit am Sonntag ein besonderes Menü auf den Tisch kam.

Fleisch
Im Herbst wurde ein Alpfädli gekauft und «ghirtet». Dafür wurden «Runggli» (Runkelrüben) gepflanzt, welche zum Mästen des Fädlis dienten. Vorab wurden diese «Runggli» nach der Ernte gewaschen, zerkleinert und «gsoded». Ab und zu wurden noch Gemüseabresten und Souhärpfel beigemischt. Alles zusammen landete im Stampftrog (hölzerner Trog) um alles zu mischen und mit einem s- oder kreuzförmigen «Gsodstämpfel» zu stampfen.
Ungefähr im Dezember kam dann Ernst Egli als Störmetzger zu ihnen nach Hause, um das gemästete Fädli zu erschiessen. Anschliessend wurde in der «Buddiigg» oder «Wäschchuchi» die Feinarbeit verrichtet. Heidi erinnert sich, dass sie Jahre später das Alpfädli jeweils morgens zu Fuss zu Müller Hansli ins Schlachthaus brachten. Aus dem Ertrag des Metzgens gab es Blut- und Leberwürste, welche nicht lange haltbar waren und deshalb baldmöglichst gegessen und auch an andere verteilt wurden.
Heidi kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, was damals mit den besseren Fleischstücken wie Braten, Kotelettstücken und Filet geschah. Hanspeter Flück und Peter Fischer erzählen, dass diese Teile zur Halterung oft geräuchert wurden. Zum Beispiel oben in der Äusserstgasse war Hedy Zobrist und Huggler Miiggi, die besassen eine «Reiki» (Räucherkammer). Rippleni, Hamme und Würste wurden dort aufgehängt und geräuchert. Damit der Ertrag etwas grösser ausfiel, wurde noch Pferde- oder Rindfleisch zugekauft und beim Wursten beigemischt. So konnte auch einen Teil des Schmutzes verwertet werden. Davon gab es sowieso nie zu wenig und wenn jeweils der Schmutz ausgelassen wurde, roch man es von weit her. «Dies war kein angenehmer Geruch», sind sich die Träpplige einig.
Eine weitere «Reiki» besassen auch «Tschoops» (Egli’s) unter dem Fluhberg. Auch bei Wylers stand eine kleine Anlage. Wehe die Hamme wurde nicht rechtzeitig gegessen. Denn trotz guter Verpackung konnte es passieren, dass diese bis im Frühling von Ungeziefer befallen war.
Beim Auskochen von Schweinzeschmutz konnten «Greibeni (Rückstand beim Auslassen des Schweinespecks) gewonnen werden. Diese wurden beim Aufkochen, sobald sie schön braun waren, abgeschöpft. Daraus wurde dann der «Greibichuechen» gebacken und der Schmutz wurde in einem Steingutfass aufbewahrt.

Familie Fischer teilte sich einen Speicher im Oberdorf mit Thöni Albis. Nach dem Alpabzug wurde der Käse dort gelagert und weiter gepflegt. Nach einem guten Sommer waren das zwischen 100 – 120 Käselaibe, welche den Weg vom Bidmer beim Hinterburgsee ins Oberdorf fanden. Heikel war es immer, dass der gelagerte Käse nicht von Milben befallen wurde. Der Käse war zwar noch geniessbar, jedoch nicht mehr sehr ansehnlich.
Wyler’s hatten eigene Milch und diese holten die Kinder mit einem 5-Liter-Kesseli mit dem Velo in der Stägmatte. Vorab wurde von dieser Milch Nidle abgeschöpft, in einer Tasse gehortet und dann z.B. ein Gugelhopf oder Cake, ab und zu einen Kuchen, oder sogar eine Torte gebacken. Wenn dieser Rahm jedoch lange stehen blieb und sauer wurde, dann hat Heidis Mutter diese Nidle «uusglaahn», es resultierte eine Art Fett und diese Art von «Greibeni» wurden beim Kochen verwendet. Alle drei «Träpplige» können sich gut an diesen unangenehmen Geruch erinnern.

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War es wirklich so ganz anders?

Am Briensermärt erscheint bereits die vierte Broschüre Brienzer Dorfgeschichte mit grossartigen Fotos und spannenden Artikeln, herausgegeben von der Burgergemeinde Brienz.

Die 4. Broschüre ist gedruckt - Verkaufstart am Brienzermärt

Endlich ist sie da - die 4. Broschüre Brienzer Dorfgeschichte  und - wir haben eine Überraschung! Was? Das sehen Sie im Video. Viel Freude beim Schauen.

Der Waran und das Unwetter

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Beatrice Lauener ist die Enkeltochter von Gertrud Juillerat-Eggler vom Burgstollen. Sie hat uns einige Dokumente ihrer Grossmutter zukommen lassen und auch zwei Musikstücke der Kapelle Eggler, bei denen ihr Grossvaters Paul Juillerat am Klavier mitspielte. Viel Freude beim Lesen und reinhören.

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Drei Videos: Besondere Erinnerungen, erzählt von Werner Zysset (Jg. 1935)

Die Videos sind aufgezeichnet worden am 27. März 2024.  Werner Zysset ist im November 1935 geboren. Heidi Blatter und Zora Herren, vom Team Brienzer Dorfgeschichte, besuchten ihn und staunten, was Werner zu erzählen weiss. Viel Freude beim Schauen!

Das Video "Grossvater" dauert 8 Minuten, die beiden anderen knapp 2 Minuten.  

Alte Filmrollen gesucht

Sie haben Filmrollen mit Filmen von Brienz. Wir möchten das Archiv der Brienzer Dorfgeschichte bereichern mit alten Filmen und diese auch auf der Internetseite für die Brienzerinnen und Brienzer zugänglich machen. Sehen Sie sich im Video unten unseren Aufruf an:

Video: Anekdoten zum Schwandergässli

Kurt Wellenreiter (Jg. 1933) erzählt vom Schwandergässli. Das Video wurde aufgezeichnet am 31. Januar 2024.