«Chalbschopf, Fisel und Rääben» - Teil Nr. 2

Beim Träpplig-Treffen zum Thema «Alte Rezepte und Ernährung» kam eine Unmenge an Wissen zusammen, darum gibt es von diesem Nachmittag gleich drei Berichte. Am Treffen haben teilgenommen: Heidi von Bergen, Peter Fischer und Hanspeter Flück. Leitung: Elisabeth Schild und Marianne Imfeld (Notizen)

Einkauf / Angebot
Es wurden sehr wenige Lebensmittel gekauft. Man lebte von dem, was vorhanden war, sehr saisongemäss, oder die Gartenerträge wurden eben haltbar gemacht. Brot kaufte man beim Bäcker ein und Käse besass man selbst, und ganz selten wurde etwas dazu gekauft. Bei Hanspeter Flück gab es vor allem Geisskäse. Heidi erinnert sich, dass sie einmal Blockkäse gekauft hatten. Dieser viereckige Käse war etwas fremd und resultierte wohl von einer Milch-schwemme und wurde einem quasi aufgezwängt.

Bei Chäppeltis (Bäckerei Flück, heute Steininger) stand rechts vom Eingang ein grosser Holztrog, worin Salz offen zum Verkauf angeboten wurde. Darüber hing eine Waage und das Salz konnte in den mitgebrachten Sack, in der Regel 5 kg, abgefüllt werden.
Salz durfte nicht in jedem Geschäft verkauft werden, darauf war ein Monopol und dieses hatten während dieser Zeit zwei Läden in Brienz. Nebst Chäppeltis, erinnern sich die Träpplige an Bieri’s (Bäckerei auf der Gärbi), später folgten Schneider’s, welche dieses Salzmonopol besassen. Scheinbar gab es relativ oft Wechsel unter den ausgewählten Verkäufern. Bei der Vergabe des Monopols hatte der Bund die Finger im Spiel und nicht in jedem Dorf gab es eine «Salzbitti» (staatlich konzessionierte Salzverkaufsstelle). Deshalb mussten die umliegenden Dörfer für den Salzeinkauf nach Brienz kommen. Ab und zu wurde sonntags der Besuch der Predigt zugleich für diesen Einkauf genutzt. Mit der Redewendung: «Dieser braucht da keinen Zentner Salz», wurde z.B. die Dauer eines Hoteliers angezweifelt.

Heidi: Wenn man Eier kaufen ging, musste auch ein «Lood» (Papiersäcklein) mitgebracht werden Dazu eignete sich besonders ein «Ggaffee-Lood», da diese besonders robust waren. Darin fanden 5-6 Eier Platz. Kaffee wurde frisch gemahlen gekauft, zu Hause wurde dieser mit Frank-Aroma und Essenz gemischt, um den Kaffee aus Spargründen zu strecken. Dies gab sehr guten Milchkaffee. Während den Kriegsjahren wurden Eicheln zu Kaffee geröstet.

Peter erinnert sich, dass in den 50er Jahren ein Zwei-Pfünder 47 Rappen gekostet hat. Heidi kann sich an 52 Rappen für ein Kilobrot erinnern, später kostete dieses 57 Rappen. Peter erzählt, als einmal der «Glaser» (Stähli) kam, ein Kilobrot für 47 Rappen ergriff, dieses in die Misthutte warf, zwei 20 Centimes (2 x 20 Rappen) auf die Theke legte und meinte: «Das reicht wohl», und schon war er wieder draussen. Ab und zu wurden von Familien auch Vier-Pfünder gekauft, diese mussten aber vorbestellt werden und alles war vorwiegend als Ruchbrot erhältlich. Weissbrot in Form von Züpfen gab es zwar zu kaufen, vor allem aber für den Sonntag.
Durch Magenprobleme durfte Hanspeter’s Ätti nur Weissbrot essen. Für die anderen Familienmitglieder gab es aber nur dunkles Brot.
Irgendwann gab es Grahambrot zu kaufen, dies war wohl in den 50er-Jahren.

Reis gab es seit jeher, so auch Polenta, Gries, Maizena und Linsen wurden häufiger als heute gekocht. Ab und zu gab es mal eine Büchse weisse Bohnen an roter Sauce, um etwas Abwechslung auf den Tisch zu bringen.
Büchsen mit Zuckererbsen waren auch erhältlich. Und sogar Büchsenananas konnte gekauft werden. Später kam Fruchtsalat dazu, was schon durch die Farben als nobler galt.

Schokolade wurde auch zum Kauf angeboten. Später gab es bei Chäpelti’s einen Automaten, wo man u.a. Schoggi beziehen konnte, doch dies war höchstens mal an einem Samstag-abend ein Thema.

«Chrapfe, Tirgelleni, Dänzeschiibleni» wurden ausschliesslich in der Bäcker, wie z.B. bei Walz, gekauft und nicht selbst gebacken. «Dänzeschiibleni« gab es dank einem Fischer-Meitschi, welches ein vorgegebenes Rezept irrtümlicherweise falsch umgesetzt hatte. So entstanden die «Dänzeschiibleni», mit welchen eine Fabrik hätte eröffnet werden können.
Nur Eier und Mehl, mit wenig Zucker, dies galt als Krankenkost. Das Spital hätte beliefert werden können. Man hatte dazumal jedoch nicht den geeigneten Backofen und war erst im Besitz eines Holzofens. Das Blech wurde satt mit Mehl bestäubt und der «Dänzeschiibli-Teig» auf ca. 3 mm hoch ausgewallt. Anschliessend wurde das Blech zum Backen über die Brote geschoben. Peter als junger Bäcker sass halb-nächte-lang hinter der Bäckerei neben dem Saustall um diese Spezialität anschliessend zu garnieren. Und ein paar Stunden später war bereits wieder Arbeitsbeginn in der Backstube.
Auch Heidi erinnert sich, dass wenn sie als Kind mal krank war, sie ein Dänzeschiibli zum Essen bekam. Der damalige Dr. Baumgartner wäre der Meinung gewesen, dass die Bäckerei Walz in eine Gross-Produktion einsteigen sollte.

Beim Kauf eines Glaceblocks sollte dieser eigentlich sofort verspiesen werden. Dies war aber eher verpönt. So wurde dieser Block in der Waschküche auf den Betonboden gelegt, das Wasser laufen gelassen und man konnte völlig zusehen, wie sich die Glace verabschiedete.

Als «Kienhelzler» kam man in der Oberstufe ins Dorf und mit etwas Glück bekam Heidi von ihrem Onkel (André Duforet) im Oberdorf mal einen Zweifränkler. Dafür konnten 10 trockene Guetzli bei der Bäckerei Schütz gekauft werden. Es gab 20er-Stückli im Angebot. Dazu gehörten auch die Cremeschnitte, Mohrenkopf und Cremerolle

Die Geschäfte und Hotels wurden durch die Firma Rammelmeyer von «änet em Brünig» mit Gemüse beliefert.

Was wurde gekocht
Über gesunde, nicht gesunde Ernährung machte man sich früher keine Gedanken. Entweder man hatte zu essen oder eben nicht. Als das Schweinefleisch schlecht gemacht wurde, meinte ein Schwander: «Am schlechtesten geht es uns, wenn wir keines haben». Von zu viel keine Rede! In gewissen Familien war das Fleisch den Männern/Vätern vorbehalten und eine Wurst wurde unter den Kindern und Müttern geteilt.

Zum Mittagessen gab es täglich eine Suppe vorab, was als Köchin oft eine Herausforderung war. Dies diente auch dazu, dass alle satt wurden, da das eigentliche Essen nicht so üppig ausfiel.
Wenn es «Häärpfelstock» gab, wurde die Pfanne nicht allzu gut ausgemacht und anschliessend gleich noch eine Härpfelsuppe daraus gekocht. Mit Schnittlauch und Peterli aufgemöbelt, schmeckte diese gar nicht so schlecht.

Zubereitungsvarianten von Chalbschopf wird diskutiert und davon gibt es viele: an Sauce, oder im Bierteig, an Vinaigrette. Der Kalbskopf wurde «gschwellt» und dann ausgebeindelt, einzelne Stücke weitergekocht und daraus wurde allerlei gemacht. «Dies galt in gewissen Betrieben als Delikatesse», weiss Peter Fischer.

Fische wurden auch gekocht. «Drischtli» (Drüsche) war eine Fischart, welche mal auf den Tisch kam. Im Hinterburgsee befanden sich anfangs nur Egli und in den 50er Jahren wurde das Hinterburgseeli das 1. Mal verpachtet und anschliessend Forellen eingesetzt.

Zum Znacht, gab es immer eine warme Mahlzeit. Bei Flück’s gab es praktisch immer Rösti.
Heidi und Peter zählen viele Möglichkeiten von dieser abendlichen Mahlzeit auf: «Gsotten» (Gschwelti), Polenta, Haferbrei, Saucenhärpfel, Tanggel, Reisbrei, Fotzelschnitte, Epfelreschti (mit etwas Glück mit Vanillecreme) und als Delikatesse galten auch geröstete Haferflocken. «Mälrooscht» (geröstetes Mehl mit Zucker) mit gekochten, oder sterilisierten «Chrieseni» ist auch in Erinnerung geblieben. Peter erzählt, dass in Stähli’s Hoschtad kleine Birnen am Baum hingen, welche gekocht und zu «Mälrooscht» genossen wurden.

Wurde früher auch schon gegrillt? Heidi entgegnet: «Troum wiiter»! Höchstens mal Cervelat am Stock wurde am Feuer gebrätelt, z.B. auf einer Schulreise. Obwohl dass man es auch genossen habe, einfach mal in eine (ungebrätelte) Cervelat zu beissen, diese als Ganzes für sich zu haben. Brot und Cervelat auf einer Schulreise war für alle ein Leckerbissen, denn das gab es zu Hause nicht. Jedenfalls nicht eine Ganze. Schokoladen- und Vanillecréme, gebrannte Créme gehörten zu den Dessertmöglichkeiten.

Heidi hat ihrer Gastfamilie während ihrem Welschlandjahr welche sehr viele Äpfel hatte,
«Epfelreschti» empfohlen. Von da an gab es dieses Gericht immer und immer wieder. Mal unter dem Namen «Pain aux pommes» oder «Pommes aux pain».

Zur Frage zum Lieblingsessen erinnert sich Heidi, dass sie sich zu ihrem Geburtstag Ende Februar jeweils Krautstiele gewünscht habe. Aber dieser Wunsch ging erklärbar nie in Erfüllung. Kartoffeln hat Heidi nicht gemocht. Die gelben Bodenkohlräbi hat sie auch nicht geliebt. Heute sei dies anders und auch Hanspeter liebt dieses Gericht mit geraffelten Bodenkohlräbi sehr.
Bei Hanspeter Flück, als Geisseler, stand der «Gitzibrägel» hoch im Kurs. Hans Kienholz, wohnhaft unterhalt der Rybi, war «griisli» ein Geisseler und an der «Zeichnung» trug er jeweils eine weisse Schürze. Durch ihn wurden jeweils ihre Gitzeni gemetzget. Bei diesem Prozedere wollten die Kinder jedoch nicht dabei sein und entfernten sich frühzeitig.

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War es wirklich so ganz anders?

Am Briensermärt erscheint bereits die vierte Broschüre Brienzer Dorfgeschichte mit grossartigen Fotos und spannenden Artikeln, herausgegeben von der Burgergemeinde Brienz.

Die 4. Broschüre ist gedruckt - Verkaufstart am Brienzermärt

Endlich ist sie da - die 4. Broschüre Brienzer Dorfgeschichte  und - wir haben eine Überraschung! Was? Das sehen Sie im Video. Viel Freude beim Schauen.

Der Waran und das Unwetter

«Das war für mich ein schöner Aufsteller!» Das schreibt uns Elisabeth Fuchs in einem Mail. Die erschütternden Nachrichten, die das Unwetter vom 12. August 2024 in Brienz mit sich brachte, die kennen wir. Daneben gibt es jedoch auch viele schöne Geschichten, solche von Zusammenhalt, Unterstützung und weitere, die erfreuen. Wie eben auch diese von Elisabeth Fuchs.

Geschichten vom Burgstollen

Beatrice Lauener ist die Enkeltochter von Gertrud Juillerat-Eggler vom Burgstollen. Sie hat uns einige Dokumente ihrer Grossmutter zukommen lassen und auch zwei Musikstücke der Kapelle Eggler, bei denen ihr Grossvaters Paul Juillerat am Klavier mitspielte. Viel Freude beim Lesen und reinhören.

Aus dem Leben von Werner Zysset

Es ist ein Nachmittag im März 2024, als Heidi Blatter und Zora Herren (Bericht) bei Mina und Werner Zysset-Leppin an den Küchentisch eingeladen werden. Werner ist vorbereitet auf unseren Besuch, auf dem Tisch liegen zwei Ordner mit Fotos und Dokumenten und auf einem Blatt hat er alle Kleinschreiner, die es 1951 in Brienz gab, aufgeschrieben. Wir zählen 29 Namen!

Drei Videos: Besondere Erinnerungen, erzählt von Werner Zysset (Jg. 1935)

Die Videos sind aufgezeichnet worden am 27. März 2024.  Werner Zysset ist im November 1935 geboren. Heidi Blatter und Zora Herren, vom Team Brienzer Dorfgeschichte, besuchten ihn und staunten, was Werner zu erzählen weiss. Viel Freude beim Schauen!

Das Video "Grossvater" dauert 8 Minuten, die beiden anderen knapp 2 Minuten.  

Alte Filmrollen gesucht

Sie haben Filmrollen mit Filmen von Brienz. Wir möchten das Archiv der Brienzer Dorfgeschichte bereichern mit alten Filmen und diese auch auf der Internetseite für die Brienzerinnen und Brienzer zugänglich machen. Sehen Sie sich im Video unten unseren Aufruf an:

Video: Anekdoten zum Schwandergässli

Kurt Wellenreiter (Jg. 1933) erzählt vom Schwandergässli. Das Video wurde aufgezeichnet am 31. Januar 2024.