Es "herbschtelet", bald ist Brienzermärt
Am Brienzermärt haben wir meistens «Runggli» geholt aus unserem Pflanzblätz im Kienholz, dies meist am ersten Märttag. Die meisten «Ättige» hatten am Märtnachmittag frei gehabt, lässt uns Fischer Peter wissen. Man hatte Gescheiteres zu tun als am Märt herum zu stotzen! Wir sind meistens an diesem Tag ins obere Dorni «gan strewwenen» (dürres Laub sammeln). Dort hat man den Zwirbel vom Resslispil den ganzen Tag gesehen. Heute wird kaum mehr «gschtrewwened», heute wird Stroh gekauft für die Wintereinstreu.
Heuer fällt das Laub etwas früher, die Trockenheit und die Wärme in diesem Jahr setzte den Bäumen zu, respektive sie haben sich einen gewissen Selbstschutz eingeschaltet. Peter Fischer erzählt wie Hansriedel früher zwischen Flielti und Teiffental den Ladewagen gefüllt hat. Entlang der Strasse hat er die «Strewwi» gesammelt und oben noch einen Verweis erhalten. Die Pneuabnützung im Laub sei gar nicht gut, das gab noch eine grosse «Komedi»! Hanspeter erzählt uns von früher, da haben sie an Planalp das Laub gesammelt. Hinter dem Haus stand ein Ahorn. Hinten am Gaden hatte es ein Fensterloch, dort konnte wir die «Strewwi» gleich hineinwischen. Heute wird das Laub gesammelt und im naheliegenden Wald deponiert….
Die Teilnehmer fallen ins Thema Heuen an Ofenbielen. Heute wird das Heu mit dem Heli ins Dorni geflogen und von dort aus an die Besitzer verteilt. Der Wanderweg im Milibachgraben war früher die Flaniermeile von Brienz. Bei einem kräftigen Gewitter im Spätsommer 2022 wurde der Wanderweg arg in Mitleidenschaft gezogen. Zurzeit sind Arbeiter der Gemeinde daran den Weg wieder in Stand zu stellen. Daneben beschäftigen sich unsere Gesprächsteilnehmer wieder mit der Gleissanierung der Zentralbahn. Vielleicht ist dieses Thema interessanter als unsere Vorgabe zum Brienzermärt.
Hanspeter holt die Gesellschaft wieder zurück, mit der Frage ob alle Ättige am Märt frei bekommen haben, diese kann niemand beantworten. Sicher ist, dass sich viele Männer den Märttag frei nahmen, um anstehende Herbstarbeit auszuführen, eben wie «strewwenen». Am Abend sind sie dann noch über den Märt. Die Wirtschaften hatten viel zu tun, abends war in vielen Lokalen Tanz. So wie uns Hans erzählt gingen etliche, er erinnert sich da an d’Houseler Else, in den Bärensaal (in der Dependance) zum Tanzen. Das war so der Treffpunkt der jungen Leute, die kaum zur Schule raus waren. Wer nicht tanzen wollte, stand unten auf der Strasse und hörte der Musik zu, das war ein Vergnügen! Praktisch in allen Sälen war Tanz am Märt. Schild Franz hat doch so gute Musik gemacht mit seiner Kapelle, diese Art Musik hört heute niemand mehr, Freinacht gab es für alle Lokale mit Tanz!
Früher war am Mittwoch der Viehmarkt, auf dem alten Schulhausplatz (heute Parkdeck BRB). Auch das Resslispil war dabei, wie heute an beiden Tagen. Die Verkaufsstände zwischen Trachtli und Resslispil wurden erst am Donnerstag aufgestellt und es wurden Waren angeboten die nützlich waren.
Der Brienzermärt ist 1626 zum ersten Mal bewilligt worden. Auf den 1. September wurde er festgelegt. Nachher wurde der Markt hin und her geschoben, bis man den Termin so gewählt hat, wie es heute noch angewendet wird. Der zweite Mittwoch/Donnerstag im November ist seither die Zeit, wo die Brienzer ihren Märt feiern dürfen.
Nach wie vor ist es eine Gelegenheit, dass auswärtige Brienzer an diesem Tag in unser Dorf heimkommen und man Leute trifft, die zum Teil jahrelang nicht «nach Hause» gekommen sind. Am Brienzermärt wurden früher Verträge abgeschlossen, Geschäfte wurden verhandelt und getätigt, offene Rechnungen beglichen, Burgernutzen ausbezahlt Landzinse wurden fällig, etc.. Selbst die Berufsfischer aus Iseltwald holten sich ihre Guthaben für gelieferte Fische während der Sommersaison bei den Wirtschaften ab. Es war für viele Leute Zahltag.
Im Hotel de la Gare traf sich die Prominenz der SVP (früher BDP) zum Tanz, im Hotel Bären die FDP, im Kreuz war eine gut durchmischte Gesellschaft, im Steinbock fand man die Lehrer und «Mehrbessere» oder wichtige Leute des Dorfes. In der Helvetia (Feetzen) fand man die Schnitzler, «Änderderfler» und das einfache Volk, z«Welsege» gabs ganz viele davon. Die Wirtschaften erzielten damals am Brienzermärt zirka einen Drittel des Jahresumsatzes. Am Märt konnte man Sachen kaufen, die nicht immer überall zu bekommen waren. Schuhbändel, Hosenträger und viele andere Sachen bekam man beim «billigen Jakob», der seinen Stand immer hinter dem Hotel Sternen hatte. Als Kasse besass er eine Holzkiste, wo er jedes Mal draufhaute, bis sie gespalten war. Der war viele Jahre immer wieder am Märt, da erinnern sogar wir vom Team uns noch. Seit wann das Resslispil dabei ist kann niemand beantworten.
Hanspeter erinnert sich wie sie zu einem Märtbatzen gekommen sind: Wir haben Geissen gehütet. Als man keine Viehhüter mehr hatte, mussten wir Knaben diese Aufgabe übernehmen. Da waren unsere Geissen, die von Wirzes, Orgellers und Brood Albis die gehütet werden mussten. Wir mussten nach der Schule sofort nach Hause, es gab Mittagessen und danach packte uns die Mutter etwas zu Essen und Trinken ein. Wir waren immer zu zweit, die loszogen, die Geissen einzusammeln. Bei Wirzes holten wir zuerst ein Horn. Überall wo wir Geissen zum Hüten eingesammelt haben, wurde vorab mit dem Horn geblasen. So wussten alle, dass wir unterwegs waren. Pro Nachmittag gabs einen Fünfliber, und wenn die Hütezeit vorbei war, gabs den Zahltag bei Wirzes, er war Kassier. An diesem Tag wurden wir von den Eltern oben auf der Treppe erwartet! Natürlich mussten wir das Geld abgeben, neue Schuhe und neue Kleider waren jetzt nötig. Zuletzt reichte es aber trotzdem noch für den Märt und wir stolzierten mit unserem Fünfliber los. Die Fahrt auf dem Resslispil kostetete damals 20 Rappen, also reichte es auch dafür. Als es dann schon 50 Rappen gekostet hat, war das für uns sehr teuer. Da reichte das Geld schon nicht mehr für so viele Male! (Heuer hat eine Fahrt 3 Franken gekostet)
Grosi- oder Göttibatzen gabs natürlich auch, die kannte man gut am Märt und sagte ihnen auch zweimal «Hopp», erzählen die Anwesenden schmunzelnd. Es gab Leute, die von Oberried zu Fuss an den Märt kamen, eine Runde auf dem Resslispil drehten und anschliessend wieder zu Fuss nach Hause liefen und zufrieden waren dabei.
Früher konnte der Verkehr nicht umgeleitet werden. Die Lastwagen mussten sich jeweils durch die Menschenmenge hindurchkämpfen. Meistens handelte es sich um Militärlastwagen, die haben sich einen Sport daraus gemacht jeweils am Märt durch das Dorf zu fahren. Heute sind die Lastwagen zu gross, die Stände stehen teilweise auf beiden Strassenseiten, die Vordächer ragen zu weit hinaus auf die Strasse. Kein Durchkommen mehr!
Die typische Spezialität am Märt sind die Krapfen. Diese werden heute noch angeboten. Früher wurde in vielen Haushaltungen selbst Krapfen hergestellt. Nüsse und Birnen stammten meistens aus dem eigenen Garten und das Rezept für den Teig war den Leuten bekannt (Mehl, Schweineschmalz, Salz, Eier und Mehl). In einem Weidekorb wurden sie auf dem Estrich gelagert, bis alle aufgegessen oder stibitzt waren! Es wird festgestellt, dass sie nicht mehr so lange haltbar sind.
Heute werden die Krapfen fast über das ganze Jahr als Brienzer-Spezialität hergestellt und verkauft.
Am Kleiderstand vor dem Blumenhof (jetziges Gwunderstibli) konnte sackweise günstige Sachen gekauft werden. Heute ist er auf der anderen Strassenseite und bietet noch das gleiche Sortiment an wie damals. Heute wird aber eher stückweise gekauft…
Alle Anwesenden erinnern sich an den Stand mit Militärsachen hinter dem Bären. Dort gabs Kleider, Ledersachen aus dem Militär, natürlich allerbeste Qualität und preislich tragbar und an den Fiifeniinzger-Stand (Spielzeuge) hinter dem Resslispil. Warum der so heisst, wissen die Teilnehmer aber nicht mehr.
Fröhlicher Brienzermärt! Herzlichen Dank der Träpplig-Sucher-Gruppe für diese Erinnerungen.
Brienz, Träpplig-Suchertreffen, Oktober 2022
War es wirklich so ganz anders?
Die 4. Broschüre ist gedruckt - Verkaufstart am Brienzermärt
Endlich ist sie da - die 4. Broschüre Brienzer Dorfgeschichte und - wir haben eine Überraschung! Was? Das sehen Sie im Video. Viel Freude beim Schauen.
Der Waran und das Unwetter
«Das war für mich ein schöner Aufsteller!» Das schreibt uns Elisabeth Fuchs in einem Mail. Die erschütternden Nachrichten, die das Unwetter vom 12. August 2024 in Brienz mit sich brachte, die kennen wir. Daneben gibt es jedoch auch viele schöne Geschichten, solche von Zusammenhalt, Unterstützung und weitere, die erfreuen. Wie eben auch diese von Elisabeth Fuchs.
Geschichten vom Burgstollen
Beatrice Lauener ist die Enkeltochter von Gertrud Juillerat-Eggler vom Burgstollen. Sie hat uns einige Dokumente ihrer Grossmutter zukommen lassen und auch zwei Musikstücke der Kapelle Eggler, bei denen ihr Grossvaters Paul Juillerat am Klavier mitspielte. Viel Freude beim Lesen und reinhören.
Aus dem Leben von Werner Zysset
Es ist ein Nachmittag im März 2024, als Heidi Blatter und Zora Herren (Bericht) bei Mina und Werner Zysset-Leppin an den Küchentisch eingeladen werden. Werner ist vorbereitet auf unseren Besuch, auf dem Tisch liegen zwei Ordner mit Fotos und Dokumenten und auf einem Blatt hat er alle Kleinschreiner, die es 1951 in Brienz gab, aufgeschrieben. Wir zählen 29 Namen!
Drei Videos: Besondere Erinnerungen, erzählt von Werner Zysset (Jg. 1935)
Die Videos sind aufgezeichnet worden am 27. März 2024. Werner Zysset ist im November 1935 geboren. Heidi Blatter und Zora Herren, vom Team Brienzer Dorfgeschichte, besuchten ihn und staunten, was Werner zu erzählen weiss. Viel Freude beim Schauen!
Das Video "Grossvater" dauert 8 Minuten, die beiden anderen knapp 2 Minuten.
Alte Filmrollen gesucht
Sie haben Filmrollen mit Filmen von Brienz. Wir möchten das Archiv der Brienzer Dorfgeschichte bereichern mit alten Filmen und diese auch auf der Internetseite für die Brienzerinnen und Brienzer zugänglich machen. Sehen Sie sich im Video unten unseren Aufruf an:
Video: Anekdoten zum Schwandergässli
Kurt Wellenreiter (Jg. 1933) erzählt vom Schwandergässli. Das Video wurde aufgezeichnet am 31. Januar 2024.