Mier wein hiiraaten

"Es ischd niid mid hiiraaten!" diesen Bescheid muss das junge Brienzer Paar, Jacob Flück und Elisabeth Stähli, im 17. Jahrhundert hinnehmen. Eine wunderbare Geschichte in Brienzerdeutsch, erzählt und recherchiert von Martin Flück.

Am 1. Jäner im Jahr 1693 ischd e Jacob Flück in der Chilchen z Briens teuft woorden und im Teuffirodel itreita. Uf d Wäld chon ischd är aber eis im Spätherbscht im Jahr 1692. Aber wa due der Ätti entlich eis zum Pfaarer ischd gen angän, hed är halt nimma gnau gwisst, a welem Tag das d Geburt ischd gsiin. Wil der Pfaarer nid hed uufgschriben, was nid ganz sicher wahr ischd gsiin, hed är numme ds Datum von der Teuffi im Rodel iggschriben. Im Jahr 1712 hein due där Jacob Flück und d Elisabeth Stähli ab em Schried wellen hiiraaten und siin derwäge zum Pfaarer. Der Ornig halber hed är das Begären dem Choorggricht gmäälded. Die Richter hein due feschtgstelld, das der Vater vom Hiiraatswilligen eis inem beese Winter hed Almoosem bezogen, wills der Familien niidraazig ischd ggangen. Due hein d Choorrichter bschlossen, das daa niid ghiiraate wwurd. Där Vater ischd due beleidigeta gsiin und hed dem Choorggricht gseid, der Jung siigi etz 20 jährig und terffi hiiraaten, wen är welli. Die Richter hein de Teuffirodel konsultierd und dem Aalte zeigt, gscheuw etzen da, diina der Jung wurd erscht ds nächschd Jahr zwenzg jährig, es ischd niid mid hiiraaten! Und den no eppis anders: Du heschd eis Allmoosem bezoge vor Jahren, und darum mues der Jung sowisoo waarte mmid hiiraatem bis är 25 jährig ischd.

Der jung Jacob und d Elisabeth Stähli ab em Schried hein dä Bscheid miessen entgägen nän. Anstatt das si etzen entiischt, fruschtriert sii gsiin und hein afaa jammren und z Hilf rieffen, old gäge ds Ggricht und di Aalten, old eifach gägen alls, wa umha ischd gsiin, z proteschtieren, hein die beidi ggraatiburgred, was si chenne tuen. Sälber, und ohni z Hilf z rieffen. Si siin einig gsiin, das si eppis wein undernän. Hilf der sälber, den uberchuuschd angäänds Hilf. Si hein den Entschlus gfassed, i ds Elsaass z gahn und dert z hiiraaten. Äs ischd nämmli umha prichted woorden, da in däm streng katholische Lland wohni anem Ort uf der Siite vom Rhiin, wa dem Cheiser Wilhälm gheerd, en evangeelischa Pastoor us der Schwiiz.

Eises Tags sii Jacob und Elsi niimma umha gsiin. D Liit hein d Mueter und den Ätti gfräägt, waa de Jacob siigi, mi gseeji dän esoo niimma, und ds Liisi o nid. Der Ätti hed Bscheid ggän, äs gääji im äben gliich, aber die chemen de schon eppeis umhi hein, si siigen beidi aalti gnueg! Di Aalte von dänem beide junge Lliiten hei si niid uufgregt und gchummred. Das hed e Soorte Mmitbirger eelend uufgregt. Aber Uufreger heds geng ggän, sogar no hiit.
Jacob und Liisi siin nachts von heimme furt. D Mietri heis gwissd, den Ättigen heis afeneis niid gseid, die wään de vlicht es Raschtli ummellich woorden. Die beidi siin uber d Ällgäuwlicka und änefir der Ämmen naa desab und hein im Schangneuw bi Sigethalers zuehiggsehn. Die siin am Heuwwe ggsiin. Peter, der jingschd vo Sigethalers Bueben, hed o gschwungen, är und Jacob hein anandren im Salwideli eis anem Älplerfescht glehrd bchennen. Sigethalers hein en groossi Puurerii ghäben und fir z heuwwen zweenig Liit, drum hed Peter gfräägt, ob si nid beidi es par Tag chennten hälffen, eeb si de wwiiter gääjen, är wellenen e rrächta Batzen gän derfir. Dem beiden ischd das kumod chon. Si siin deheimmen furt ohni e Rrappen Gäld. Si hein due Petern uufkläärd, warum si underwägs siin. Peters Komentaar zun däm Vorhaben: I ha gwüsst, das du en aagriffige Hagu bisch, das hed me bim Schwinge gseh, aber das du Lisi, eifach eso mitgeisch, isch de scho echli gguraschiert für nes Meitli! Wartet nume, das verzeueni mir Mueter, das isch o soo eini, wo nüüt und niemer fürchtet! Ier müesst nid Angscht haa, das si zum Pfarer springt für euch z verrätsche.

Es Tags hets Zaabe ggän am Waldrand vom Lätthubel. Die ganz Heuwwer-Gsellschaft hed Brood und Chääs von der Vorderalp und Lindembluescht-Tee uberchon. Due seid Peter zun der Mueter: Itze mues i dier verzeue, wäge was die beide vo Brienz underwägs sii. Di ganz Gsellschaft hed due glossd, was Peter erzelld. D Mueter Sigethaler hed, während däm Peter hed Bbricht erschtatted, di beide flichtige junge Lliit gmuschtred. Si hed gar niid dergliiche taan und riewwig zuegglosd, während däm d Knächten und d Mägd hein afaa chischellen und uufggregt tuen. D Mueter hed gseid: Da drüber rede mer de no mid euch beide! Peter ischd schier erchlipft wägen däm unerwartete Bscheid von der Mueter. Das hed si due nahm Znacht in der guete Stuben kläärd, waa di Aggstellten niimma hei zuegglost. Der Vater Sigethaler hed zur Freuw gseid: U jetze wetti gäärn ghööre, ob du däne beide vo änet dem Graat wosch d Levite läse! D Mueter lached und seid: I ha emu nid chönne lache u ne säge, rächt heiter, dir beidi gfaued miir. U de göh de üsi Mägd u Chnächte z Predig u der Pfarer verzeut de öppis ganz angers! Itz dänk emau, Fridu der Mäucher u ds Gritli us em Eriz chäme uf di gliichi Idee, oder zwöi angeri, wo mer bruuche, houes eifach eso ab. Die chönnte de ja nid verschtah, das mi das nid eso luschtig und muetig dünkt, wie bi däne beide vo Brienz!

Fir die beidi vom Briens ischd das Gschprääch aber nitzlich gsiin. D Piiri hed sa nahm Wäg gfräägt und hed gseid, si heigi em Brueder, wa z Huttwil verhiirateta siigi, bin däm chennte si sicher es Mal ubernachten. Si hätti den eppis, was si den grad chennten uberbringen. Anem scheenne Mmorge frieij sii si due eis gägen Huttwil loos gmarschierd. Versoorged mid Chääs und Brood, und nid z verachten, mid enem Hämpfelli Batzen Heuwwer-Lohn.
Z Huttwil siin die beidi vonem mächtigem Bärnerhund begriessd woorden. Är hed Sigismund gheissen, aber nummen uf Sigu gfolged. Uusgsehn hed är brandgfährlich und grurred hed är wien en Steimbrächer. Derbie isches e llieba Schlabi gsiin, är ischd daa gsiin fir mid dem Wägelli d Milch i d Chäsi z bringen. D Elisabeth hed dem Puur em Brief von der Schweschter usem Schangneuw ubergän.
Ds Brienser Pärli hed chennen ubernachtän und hed Choschd uberchon. Am andre Mmorge siin die beidi scho frieij umhi underwäggs gsiin. Waa si z Arwangen uber die grossi Holzbrigg uber siin, ischd es Fuerwärch näbne fir. Jacob hed uehi zun däm, waa ischd ufem Bock gsässen, grieft: Waa geischd hin? Där hed d Ross bschtelld und zrugg gfräägt: Was hesch gseit? I ha nüüt verstande. Äs ischd e frintlicha Mändel gsiin, waa mid Ros und Wagen hed Salz uf Luzääre bbraachd und etze lläärra uf der Heifahrt ischd gsiin. Eppis Bessers hätti dänen beiden nid chenne gschehn. Si siin in eim Rutz uf Basel und dermid dem Elsaass e gheerige Bitz neecher chon. Iner Gaschtstube fir Kuutscher und Fuerliit hei si ubernachted. Z moondrischt hei si mid enem Fuerma chenne wwiterrickem bis uf Zeünken im Markgrääfler-Land. Die Graafschaft hed der Familie vom Huus Baden-Baden gheerd. Der Fuerman hed si alle Lliiten gägenuber frintli und zuvorkommend benun. Und wen en Uniformierta old en Nobla uf enem Ros ischd chon derhar riiten, hed är si ufem Stock uehi gchrimmt, fir nen d Ehrerbietig azdiiten. Dem beide Mitreisenden hed är befolen, das o z tuen.

In däm Land, wa si etze si gsiin, hed no d Liibeigeschaft ggolten und sogar d Folter ischd aggwended woorden. Wen eppa eina hed gmeind, är chenni da umha muulen und bleed tuen mid den Inheimischen, isches den nid gued chon. Der Fuerman hed erzelld, das e jjunga Ggläffi, wa dir z Land nach Savoyen hed welle rreisen, enem Grossgrundbsitzer ischd fräch chon. Där hed ne mmid de Chnächten uf siin Hof verschleipft und dert gfoltred, bis er hed zueggän, är heigi wellen e Chue stälen. Das ischd Grund gnueg gsiin z erwirken, das er zur Straaf ischd Liibeigenna woorden und als Chnächt uf däm Hof hed miesse wwärchen. Die Gschicht ischd Kobin und dem Liisi oordli under d Huud ggangen. Und der Fuerman hed gseid, we si das niid gleuben und si niid oordli benämen, chenne si sofort abem Wage rräblen und z Fuess wiiter gahn.

D Folter ischd in där Graafschaft erscht im Jahr 1767 abgschaffed woorden und d Liibeigeschaft erscht gad in däm Jahr. Die junge Lliit hein erfahren, das uusserhalb von der Eidgnosseschaft den no Sachem Bruuch siin, wa mma mid de Gnäädige z Bärn den doch nid hed miessen erfahren. Der Ubermued hed uf all Fäll e chlii gmindred. Wa si z Zeünken ab em Wage siin und dem Fuerman em Batzen hei ggän, hei si ghoffed, das si den angäänts eis umhi der Heiwwäg chennen in Angrif nän. In er Tili heis ubernachted und siin am Morge wwiiter gägen Norde ggliffen. Där Ort Kuppenheim mues etzen da in der Neechi siin. Si hein afaa fräägen und siin angäänts am rächten Ort achon. Aber wie findt ma da e rreformierta Pastoor, wie si da sägen? Aber das ischd eifacher gsiin, als si hei gmeind. Di erscht Freuw, waa si hein agfräägt, hed gseid: Si suchid sicher den Schwiizer Pastor, dort bi dem Huus mit dem Brune vore draa ischt er dihaime. Die hed äben ähndlich prichted wie d Waggis. Näben däm Huus ischd eina am Holzschiitre ggsiin, dän hei si gfräägt, ob eppa der Pfaarer deheimme siigi. Er hed gfrägt, was si de wwellen von däm. Hiiraaten welle si, wäg däm siige si etz us em Bäärnischen äxtra bis hie uusa ggliffen. Esoo der Spraach naa chemid ier vonem Ort am Briensersee, han i rächt? Das där Man hed Bärndiitsch mid enem bitzli Simmentaler-Toon zun inen prichted, ischd dänen beiden erscht etzen uufgfallen. Är ischd nämmlich vo Wimmis chon. Siid ier eppa der Pfaarer? Är seid, ja där bini, gällid Pfäärer, wa Holz schiitren, gits bin iis im Kanton Bärn e gheiner! Er hed nid lang Fäderläses gmacht. Si hein i siim Huus chennen nächtigen. Und am Morgen vom 1. 12. 1716 hed är das Pärli amtlich begleubiged verhiiraated. Im Jäner 1718 hein die gäge Wille vom Sitteggricht verhiiraateten Eltren chennen es Meitschi la teuffen. Der Groosatt ischt naahär 1728 zum Sigrischt uusgwähld woorden.

D Fakten von där Gschicht stammen us en Aemterbiechren, Teufrodel und us Choorggrichtsakten vom Briens; uufbewahrd im Staatsarchiv Bärn.
 
ggraatiburgred = beraten;  angäänds = bald, nächstens;  eelend   = sehr;  es Raschtli = eine Weile;  komod = bequem, gelegen;  gguraschiert = mutig;  chischellen     = flüstern;  lläärra = leer;  z moondrischt = am folgenden Tag;  muulen = maulen, widerreden;  Tili = Heubühne;  Fäderläses = Federlesens, Umstände.

1. April 2021. Martin Flück

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