Doktor Paul Melchior Schild-Dasen (1908 bis 1995)

Foto: Paul Melchior Schild-Dasen, 1908 bis 1995
Verschiedentlich hatte ich gehört, dass der Sohn von Herrn Dr. Schild als Kinderarzt in Spiez tätig sei. Schon einige Zeit hatte ich mir vorgenommen, den Wurzeln der Praxis an der Schulhausstrasse nachzugehen. Der unmittelbare Anlass war, dass mir eine ältere Patientin ein Foto meines Vorvorgängers, Dr. Kurz, gebracht hatte. Dieses Foto erfreute ältere Patienten und Patientinnen, die Dr. Kurz gekannt hatten offensichtlich, was mich motivierte, ein weiteres Stück in die Vergangenheit einzutauchen.
Ich telefoniere kurz mit dem Sohn von Paul Schild. Er verweist mich an seine Mutter. Sie sei 88-jährig, auch in Spiez ansässig, und gebe sicherlich gerne Auskunft. Er selber hätte nur sehr vage Erinnerungen an die Brienzer Zeit der Familie, war er doch erst vier jährig, als die Familie wegzog. Als bleibende Erinnerung ist ihm die Brienzer Rothornbahn geblieben, wobei in Spiez das Zusammentreffen dreier Bahnlinien eine mindestens ebenso grosse Faszination auf den Knaben ausübte.
Die Witwe von Paul Schild meldet sich am Telefon als äusserst rüstige, 88-jährige Dame, die sich über die Nachfrage ausserordentlich freut und ohne lange zu zögern auf sehr menschliche Art und Weise den nachfolgenden ausführlichen Bericht gibt:
Paul Schild war ein gebürtiger Brienzer. Bis zum 4. Schuljahr war die Familie in Brienz ansässig, dann zog sie nach Bern, wegen einer guten Anstellung des Vaters bei der Militärversicherung. 1937 frisch verheiratet entschloss er sich noch im selben Jahr nach Brienz zu ziehen und dort eine Arztpraxis zu eröffnen. Seit seiner Jugend hatte eine starke Bindung an Brienz bestanden. Seine Frau, gebürtig aus Meiringen, deren Vater als Oberforstrat dort arbeitete, hatte ebenfalls eine enge Bindung zum „engeren Oberland“.
Bis dahin war Dr. Baumgartner, welcher an der Hauptstrasse im Arzthaus praktizierte (dort, wo Dr. Lüthi heute seine Praxis hat) der einzige Arzt in der Kirchgemeinde Brienz gewesen. Er war deutlich älter als Kollege Schild. Brieflich war er von Schild über die bevorstehende Eröffnung orientiert worden, hatte sich aber über das Ansinnen nicht eben begeistert gezeigt.
Dr. Schild eröffnete seine Praxis im Gebäude des ehemaligen Hotel du Lac, ebenfalls an der Hauptstrasse (jetzt Textilgeschäft Rohner). Im ersten Stock entstanden die Praxisräumlichkeiten. Neben dem alteingesessenen Dr. Baumgartner zu bestehen war schwierig.
Das erste der drei Kinder wurde geboren, ein nächstes folgte kurz darauf. Existenzängste plagten die Familie. Mehr Wohnraum wurde gebraucht. Frau Schild stiess in dieser Zeit auf das leerstehende Chalet Bettina an der Schulhausstrasse.
Auf Nachfrage bestätigte ihr Frau Türst, die Halbschwester des Besitzers, Hr. Michel, dass das Haus zu vermieten wäre. Herr Michel lebte verbunden mit einem Müllereibetrieb wohlhabend auswärts. Schilds unterbreiteten den Vorschlag, dass auf der Westseite ein Anbau erstellt werden sollte, in welchem ein Sprechzimmer untergebracht werden könnte. Der Vorschlag wurde geprüft und gutgeheissen.
Schilds konnten durch den mit ihnen befreundeten Architekten Huggler - dieser lebe noch heute - den Anbau erstellen. (Architekt Huggler hat meines Wissens später das Gemeindehaus Dindeln erstellt). Zirka 1941 wechselte die Familie samt Praxis vom du Lac, dessen vormaliger Besitzer offenbar „zu Geldstagen“ gekommen war, ins Chalet Bettina über. Die Zeit war schwierig, der zweite Weltkrieg in vollem Gange.
Dr. Schild verbrachte im Rahmen des Aktivdienstes viele Monate im Simplongebiet. Diese vielen Abwesenheiten setzten der Praxis sehr zu. Natürlich versuchte er, möglichst viele Urlaube zu bekommen. Patienten aber, die sich entschlossen, beim jungen Dr. Schild eine Behandlung zu beginnen, mussten vergegenwärtigen, dass diese wegen der vielen Abwesenheiten bei ihm nicht fortgesetzt werden konnte. Nichtsdestotrotz gewannen Schilds auch viele ausserordentlich treue Patienten und Freunde. In den Urlauben ergingen Weisungen an die Ehefrau, wie mit Patienten und im Umgang mit den Krankenkassen zu verfahren sei.
Auch nach Ende des Krieges blieb die Situation schwierig und ungewiss. Herr Michel meldet Eigenbedarf für das Chalet Bettina an. Ein Bauplatz wird der Familie von einer älteren ledigen Dame unten an der Hauptstrasse, dort wo jetzt die Papeterie Wydi steht, in Aussicht gestellt. Bloss auf den Zeitpunkt mag sich die Dame nicht festlegen und vertröstet die Familie von Monat zu Monat.
Auch von Seiten der Behörden wird der Familie nicht Hand geboten. In dieser Zeit lässt sich zudem die Tochter des legendären Dr. Baumgartner im Hobacher als dritte/r Arzt/in nieder. Gewiss profitiert sie vom guten Ruf ihres Vaters, kann diesen sicherlich auch vertreten und zieht viele Frauen als Patientinnen an sich – und, „wer die Frauen hat, hat auch die Kinder“.
Im Frühjahr 1948, verstirbt in Spiez der Arzt Dr. Bürgi erst 48-jährig. Die Eltern von Frau Schild waren zwischenzeitlich nach Spiez umgezogen und avisierten ihre Tochter sogleich. In Anbetracht der Unsicherheiten in Brienz entschliesst sich die Familie, die Tätigkeit in Brienz aufzugeben und die Spiezer Praxis zu übernehmen.
Dr. Kurz, späterer Nachfolger von Dr. Schild in Brienz, hatte sich auch für die Praxis in Spiez gemeldet. Möglicherweise nicht zuletzt dank der Verbindung der Schwiegereltern Dasen erhält aber Dr. Schild, dessen besondere Stärke die Diagnostik ist, den Zuschlag.
Frau Schild, höchstschwanger mit dem dritten Kind, bleibt noch einige Wochen in Brienz zurück, währendem ihr Mann bereits in Spiez praktiziert. Dr. Kurz übernimmt die Praxis in Brienz im Chalet Bettina, lebt die ersten Wochen bei Schilds und praktiziert für sie.
In Spiez entwickelt sich die Praxis von Dr. Schild sehr gut. 1976 übergibt er sie seinem Sohn, der sie als Kinderarztpraxis bis zum heutigen Tag weiterbetreibt. Es bleibt eine enge Verbindung zu Brienz. Bei allen hier vorgefundenen Schwierigkeiten verspürt die Familie keinen Groll. Über Jahre mietet sie im Erli ein Ferienhäuschen und pflegt Kontakte zu Freunden in Brienz.
In der Praxis, die zirka 1960 in den „Neubau“, gegenüber des Chalets Bettina verlegt worden ist, verbleiben meines Wissens zwei Zeugen aus jener Zeit: ein mächtiger Schreibtisch aus Eisenblech (Bigla), welcher noch jetzt das Sprechzimmer dominiert, ebenso wie der eigens für die Praxis noch im du Lac gefertigte Apothekerschrank aus Lerchenholz. Dieser war durch die damals sehr angesehene und mittlerweile verschwundene Firma Kienholz auf dem Bort angefertigt worden.
Andreas Widmer, 1999

Meine Grosseltern Hans (Mühlibach Hansli) und Gritli Eggler
Lotti Schaller (Jg. 1948) hat einige schöne Erinnerungen an die Ferien bei ihren Grosseltern in Brienz notiert.

Auswandern
Für das Thema Auswandern scheinen unsere «Träpplig Suecher» fast zu jung. Trotzdem wussten Peter Fischer-Rahm, Trudi Steiner und Vreni Fischer-Fuchs einiges zu erzählen und Fränzi Feusi und Rose-Marie Flück hörten gespannt zu. Zudem konnte Silvia Thöni-Fischer als Burgerschreiberin von ihren Erfahrungen berichten, wenn sich Nachkommen von Auswanderern nach ihren Vorfahren bei ihr erkundigten.

Hüterbubengeschichten von der Planalp
Im Dezember 2023 hat Peter Schild seine Erinnerungen an die Hüterbubenzeit auf der Planalp und an Obristen aufgeschrieben. Entstanden ist ein Bericht mit vielen Eindrücken über das Leben auf der Alp als Hüterbube. Die Zeit in der Natur mit den Tieren war eine Schule fürs Leben.

Sie waren die Letzten ihrer Art
In den späten 1940er-Jahren hüteten Hanspeter Flück und seine Schulfreunde rund 40 Ziegen fürs ganze Dorf. Ein Bericht von Hans Heimann, erschienen im Schweizer Bauer am 24. Mai 2025.

Wie eine Linie der Familie Flück zum Übernamen «Bitzer» kam
Es ist ja allgemein bekannt, dass der Familienname Flück in Brienz so häufig ist, dass es mindestens 16 Übernamen gibt, damit man die einzelnen Linien unterscheiden kann. Thomas Dietrich ging auf Spurensuche, nach dem Ursprung des Übernamens «Bitzer».

Wie eine Linie der Familie Wyss zum Übernamen «Cäsarler» kam
Dass in Brienz Mitte des 19. Jahrhunderts ein Kind auf den Namen Cäsar getauft wird, ist eigentlich undenkbar. Aber genau das geschieht 1851, als die 22-jährige Elisabeth Flück einen Sohn zur Welt bringt. Thomas Dietrich hat verschiedene Recherchen zum Übernamen «Cäsarler» unternommen und die Erkenntnisse zu einem Dokument zusammengestellt.

Schafmarkt in der Alpgasse bei der Chirsimatten-Schiir
Fotobeschrieb und Erinnerungen von Peter Fischer-Rahm, Oberdorf. Neu mit Video!