Tanz und «Bock-Aaben» - in der «Veetzen» war etwas los
Foto: Plakat, Einladung zur Turnvorstellung im Restaurant Helvetia anfangs Dezember 1974.
Der Helvetia Saal war ein grosser Raum und wurde oft für Anlässe, Winter-Konzerte und Feste genutzt. So z.B. auch die Turnvorstellung, wofür jeweils im Bereich der Bühne die Höhe noch erweitert werden musste. Und wenn die Reckturner ringsum schwangen, reichten sie mit ihren Beinen bis hoch in den Estrich.
Damals wurde an solchen Veranstaltungen noch geraucht, während dieser Zeit leistete die Feuerwehr vorschriftsgemäss jeweils zu zweit Saalwache. Wenn getanzt wurde, sah man unter dem Saal, wie die Decke federte und lautes Knarren war zu hören.
Heidi von Bergen: «Einmal kamen Franzosen vorbei, damals war der Letkiss-Tanz in Mode. Die Einheimischen verstanden die Welt nicht mehr, wie sich diese Auswärtigen zur Musik bewegten und sind staunend stehen geblieben. Dieses Stampfen der Franzosen wäre diesem Saalboden nicht zumutbar gewesen.»
Eine Treppe führte vom Restaurant hoch in den Saal, daneben stand eine kleine Bühne, wo jeweils die Musik platziert war. Gegenüber im Saal war das Buffet, wo auch das Essen von der Küche hoch geliefert wurde. Oben war eine Bort-Laube, dahinter befanden sich ganz kleine Zimmer der Angestellten. Die dazugehörigen Fenster waren von aussen sichtbar. Jedoch gab es dort kein Bad mit fliessendem Wasser. Unten bei der Treppe, in der Nähe der Kegelbahn, war das «Gnagi-Stibli» wo das Essen serviert wurde.
Die für Brienz einzige Kegelbahn wurde erst später eingerichtet, während Grossmann Vikis Betreiber waren.
Wer kennt ihn, den Letkiss-Tanz?
Hanspeter Flück erzählt, dass früher im Saal des Restaurant Helvetia jeweils ein «Bock-Aaben» stattgefunden habe, organisiert von den «Geisseleren». Jeder, welcher eine Geiss besass, war in der Geiss-Genossenschaft. In Interlaken fand damals in der Reithalle ein Geiss-Märt statt und dort wurde jeweils ein junger Bock gekauft.
Alljährlich wurde anfangs Winter der alte Bock gemetzget und in der Küche der Helvetia von Schopfer Peigg gekocht. Dieser Vereins-Anlass war aber nicht nur für die «Geisseller» gedacht, sondern war für alle, gegen entsprechende Bezahlung, zugänglich. Bei Flücks zu Hause wurde «Räätech» für Salat gerüstet, welcher traditionell zu «Häärpfelstock» und Bock serviert wurde. Der Saal war immer voll und zuerst wurde gegessen, bevor getanzt wurde.
Foto: Sehr alte Ansicht der Dorfpartie Unterdorf mit Restaurant Helvetia und Zugang zur Behämsgasse.
Als Bueb hat Hanspeter Geissen gehütet und dadurch durfte er mit anderen Knaben auch am Nachtessen teilnehmen. Bevor sie jedoch mit dem Essen beginnen durften, mussten sie mit einem «Pintli zwäg», um Jdali und Viktor, sowie Bänzli Menk, das Essen nach Hause zu liefern. Dies war auch Tradition, dass den ehemaligen, alten «Geisseller», welche den Weg in die Helvetia nicht mehr schafften, das Essen nach Hause gebracht wurde.
Anschliessend durften die Knaben in einer Ecke an einem Tisch Platz nehmen, und dieses Bock-Essen geniessen. Es war Brauch, dass sie aber noch für die anderen Gäste ein Lied vortragen mussten.
Peter Fischer erzählt von einem Abend in der Helvetia, wo nichts mehr los war. Einer meinte dann, dass in Bönigen Tanz sei, und sie machten sich zu siebt mit fünf Velos auf den Weg nach Bönigen. Sie kosteten diesen Abend bis zum Schluss aus. Auf dem Heimweg waren Lawinenniedergänge zu überwinden und Peter kam früh morgens gerade noch rechtzeitig zum Arbeitsbeginn in die Backstube.
Foto: Werbeauftritt vom Restaurant Helvetia mit Konzertsaal und Bühne.
| Helvetia Restaurant-Betreiber Reihenfolge: Vogt, Werner und Bertha Flück «Bitzer’s», Casparoli, Vik Grossmann, Jürg und Nelly Stingelin, Hans Ulrich Landmesser (ab 2021). |
| Wer sind die Träpplig-Suecher? Verschiedene ältere Dorfbewohner und -bewohnerinnen begeben sich gemeinsam auf die Spurensuche und erzählen aus ihrem Leben. Das zusammengetragene Wissen wird notiert, archiviert und einen Teil daraus auch auf der Internetseite oder in der Broschüre der Brienzer Dorfgeschichte veröffentlicht. Die Träpplig-Suecher Gruppe entstand aus einer Initiative von Silvia Thöni-Fischer, Peter Fischer-Rahm und Bernhard Mathyer. Sie wird durch den Burgerrat unterstützt und vom Team Brienzer Dorfgeschichte geleitet. |
Ein Jubiläum und eine Überraschung
Am diesjährigen Brienzermärt erscheint bereits die fünfte Broschüre Brienzer Dorfgeschichte. Neu werden zudem einzigartige Postkarten zum Verkauf angeboten.
Piraten auf dem Brienzersee?
Ein Bericht von Pirat Ueli Stähli: Die Behauptung, dass die ersten Spuren von den Vorfahren der Brienzer Seepiraten schon im 17. Jahrhundert auf der Schneckeninsel entdeckt wurden, entbehrt allen wissenschaftlichen Grundlagen. Richtig und geschichtlich belegt ist die Tatsache, dass vor genau 50 Jahren die ersten gefürchteten Aktivitäten von piratenähnlichen Angriffen auf dem Brienzersee zu verzeichnen sind. Besonders gutbetuchte Gesellschaften, welche sich auf der Brienzersee-Flotte zum reinen Vergnügen tummelten, waren das Angriffsziel der wilden Horde.
Meine Grosseltern Hans (Mühlibach Hansli) und Gritli Eggler
Lotti Schaller (Jg. 1948) hat einige schöne Erinnerungen an die Ferien bei ihren Grosseltern in Brienz notiert.
Auswandern
Für das Thema Auswandern scheinen unsere «Träpplig Suecher» fast zu jung. Trotzdem wussten Peter Fischer-Rahm, Trudi Steiner und Vreni Fischer-Fuchs einiges zu erzählen und Fränzi Feusi und Rose-Marie Flück hörten gespannt zu. Zudem konnte Silvia Thöni-Fischer als Burgerschreiberin von ihren Erfahrungen berichten, wenn sich Nachkommen von Auswanderern nach ihren Vorfahren bei ihr erkundigten.
Hüterbubengeschichten von der Planalp
Im Dezember 2023 hat Peter Schild seine Erinnerungen an die Hüterbubenzeit auf der Planalp und an Obristen aufgeschrieben. Entstanden ist ein Bericht mit vielen Eindrücken über das Leben auf der Alp als Hüterbube. Die Zeit in der Natur mit den Tieren war eine Schule fürs Leben.